Die Untertitel zur Präsentation «En chair et en os», GV A*dS, 29.5.2025 Annette (traduction des paroles de Camille) |
Aus Fleisch und Knochen |
Aus Fleisch und Blut ? |
Nein, «Blut» geht nicht… |
Blut und Boden schon gar nicht |
«Hier übersetzen wir mit den Kutteln» |
Mit Herz und Nieren! Nein zu einer seelenlosen Übersetzung. |
Mit Herz und Nieren – Kollektiv für eine Übersetzung von Menschen |
Wir gehören zur Cellule Germanophone des Kollektivs für menschliche Übersetzung – |
Die ursprünglich Zelle, das Mutterbüro hat sich vor zwei Jahren gebildet – da erschien eine Stellungnahme in der Libération, sie wurde von mehreren hundert Autor:innen, Verleger:innen unterzeichnet … |
Annie Ernaux, Olga Tokarczuk, Le Clézio, und viele mehr. |
In Frankreich ist das Kollektiv durch die Präsident:innen der Berufsverbände ATLF und ATLAS mit diesen verbunden. Es leistet eine riesige Arbeit des Widerspruchs und der Information von Leser:innen, Verleger:innen und öffentlichen Institutionen. |
In den deutschsprachigen Ländern haben drei Verbände – der A*dS, der deutsche VdÜ und die österreichische IGÜ – einen offenen Brief verfasst und veröffentlicht. Da stehen fast dieselben Forderungen drin wie im Manifest «En chair et en os». |
Wir sind hier, um vom A*dS zu verlangen, dass er die Haltung und die Forderungen dieses Briefes auch vertritt. |
Es gibt so Sätze, da stehen mir die Haare zu Berg, wobei: |
… c’est drôle : Kommt hérisser von hérisson, der Igel? |
Ja. Igel – Igitt? |
Dann stehen mir also keine Haare zu Berge, sondern Stacheln!!!! |
Wenn mir der A*dS zum Beispiel über KI-Werkzeuge schreibt: «Einzelne arbeiten gezielt und erfolgreich damit, machen Satire, lassen sich inspirieren, kuratieren Ergebnisse gekonnt, andere lassen sie bei der Arbeit skeptisch ganz beiseite.» |
Wir sind nicht skeptisch, wir sind dagegen.
Auch im aktuellen Programm der Campus-Workshops heisst es: «Der Workshop hilft Autor*innen und Übersetzer*innen, KI-Tools zu verstehen, kompetent zu nutzen und sich mit urheberrechtlichen und moralischen Fragen auseinanderzusetzen.» |
Heisst «verstehen» also: Wissen, wie man die Instrumente anwendet? Nein, man kann ihre Mechanismen auch verstehen und sich dann weigern, sie anzuwenden. |
Wir sind im Fall nicht einzelne, wir haben uns organisiert |
Wir engagieren uns mit guten Gründen gegen die Verwendung von LLM in der Literatur – und erst recht in der literarischen Übersetzung, wo sie besonders bedrohlich ist. Und wir wollen, dass diese Position auch im A*dS vorkommt. |
LLM machen die Übersetzung nicht einfacher, im Gegenteil, sie verderben die Freude daran. |
Die Maschine soll uns den ersten Wurf abnehmen? Das heisst, die Freude daran, langsam in einen Text einzutauchen, ihn immer besser kennen zu lernen, seinen Ton zu spüren, seine Stimme, seinen Atem, sich bewusst zu werden, wieviel ich noch nicht verstehe, was noch herauszufinden ist, die Stolpersteine und Blockaden zu identifizieren, ein Verhältnis zum Autor, zum Text, zu seiner Sprache zu entwickeln… |
Warum sollte ich diesen ersten Wurf, diesen Sprung, diese Annäherung einer Maschine überlassen? Das würde mir nie in den Sinn kommen, die Idee kommt von wo anders: Von Firmen, die denken, alles muss schneller und billiger sein. |
Dahinter steht eine Logik der Effizienz und einer Obsession mit Resultaten, aber die literarische Arbeit stellt eine Beziehung her – eine Beziehung zwischen Menschen. Den ersten Wurf – die Suche nach Ideen – selbst das Schreiben eines Fördergesuchs an eine LLM abzugeben – heisst das nicht: Die Seele unserer Tätigkeit preisgeben?
Aber auch: Unsere handwerkliche Verantwortung für die Sprache in ihrem Bezug zur Welt abzugeben. |
Schreiben hat etwas von Träumen, davon schreibt Brigitte Kronauer: «Hier sauge ich die strudelnde Welt ein, hier pfeift, wälzt sie sich an meinen Innenwänden entlang, hier findet die gegenseitige Bemächtigung statt» – wie sollen wir uns über die Welt austauschen, wenn wir uns ganz den geliehenen Phrasen überlassen? Wie finden wir da Sprachen, um gemeinsam die Welt zu gestalten und zu verändern? |
Wie wir Sprache verwenden, beeinflusst unsere inneren Bilder und die Wahrnehmung von uns selbst und anderen. Die Literatur spielt deshalb eine Rolle für die Demokratie. Diese Demokratie wird von einer Handvoll amerikanischer Multis mit Füssen getreten – genau sie besitzen diese pseudo-Werkzeuge einer Pseudo-Intelligenz. - Sie meinen, über allen Gesetzen zu stehen. - Sie verletzen das Urheberrecht und die Idee von Recht an sich. |
Wenn man mir sagt : Es gibt auch einen spielerischen Umgang mit LLM, dann kommt mir das vor, als würde man mich auffordern, mit einem Tiger zu spielen, der mich fressen will. |
Die Welt hätte sehr viel Dringenderes zu tun, als Gadgets zu entwickeln, die uns das Denken abnehmen – Die an unserer Stelle schreiben Die an unserer Stelle übersetzen |
Stichwort : Klima. |
Wir verteidigen die Vision einer Gesellschaft, die sich nicht selbst zerstört. |
Heute auf eine Technologie zu setzen, die den Energieverbrauch einfachster Tätigkeiten vervielfacht und die Macht in wenigen autokratischen Händen konzentriert, ist selbstzerstörerisch. |
… konservative Technologie versus progessive Kunst… |
Literatur ist wichtiger denn je. Eine Literatur, die nicht Clichées wiederholt, die Sprache erneuert, nicht verflacht, die Neues eröffnet. |
Wir sind verantwortlich dafür, dieser Beziehung zu den Sprachen Sorge zu tragen. |
Deshalb stehen mir die Stacheln zu Berg, wenn ich links und rechts höre: |
«Jetzt ist sie halt da, man muss mit der Zeit gehen.» |
Mit der Zeit gehen, also, den Untergang beschleunigen? |
«Aber seid ihr nicht technophob?» |
Auf Deutsch sagt man eher: Maschinenstürmer. Ihr habt einfach Angst vor Veränderung. |
Es gibt doch bestimmt sehr nützliche Anwendungen der KI – ist dieser kritische Blick nicht sehr rückwärtsgewandt? |
Witziger Moment in Frankfurt: ein junger Tech-Vertreter unterstellt mir, Michel Foucault und Roland Barthes nicht verstanden zu haben: Der Autor sei sowieso schon tot. Meine Vorstellung von Schreiben – auch Übersetzen – sei romantisch. |
Dazu könnte man interessante Diskussionen führen, vorausgesetzt, dass die ökonomische und ökologische Dimension nicht ausgeblendet wird – dazu gehört die Frage: Wie bezahlen wir unsere Miete? |
Sehr viele Übersetzer:innen haben bereits Brotjobs verloren – die Verwendung von LLM in literarischen Verlagen muss verhindert – an einigen Orten – gestoppt werden. |
künstliche Intelligenz : echte Ausbeutung |
Wir brauchen nicht künstliche, sondern kollektive Intelligenz.
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Unsere Forderungen: |
Wir begrüssen das Engagement des AdS und von Pro Litteris für das Urheberrecht und gegen die Plünderung von Texten. |
Wenn aber die Auffassung einfach nicht mehr vorkommt, dass KI-Sprachattrappen eine echte Gefahr sind für die Literatur, für Demokratien und die Beziehungen zwischen Menschen, dann weiss ich wirklich nicht mehr ein noch aus. |
Wir erwarten Klarheit über die zentralen Forderungen des Manifests «En chair et en os», wie sie auch im «Offenen Brief» stehen.
Wir fordern, dass Verlage und alle Akteur:innen des Literaturbetriebs den Rückgriff auf KI für Übersetzungen und die Kreation von Texten verweigern; |
Da möchte ich das Beispiel einer miserablen menschlichen Übersetzung anführen: Am A*dS-Übersetzersymposium 2022 sagte der Vertreter des VdÜ, «die Franzosen» fordern ein Verbot von KI. Er hat genau wie eine KI übersetzt: Man nehme ein Cliché und mache damit eine Aussage platt. Wir fordern dazu auf, die Nutzung der LLM zu verweigern. |
Wir können handeln, wir müssen uns nicht auf das passive Beobachten der Entwicklungen beschränken. Wir rufen Euch dazu auf, unsere Ansteckt-Knöpfe zu nehmen und das Material, das auf der Seite von «En chair et en os» zur Verfügung steht, auszudrucken – sprecht darüber mit Euren Buchhändler:Innen, Kolleg:innen – |
Das Manifest ist auch auf Deutsch verfügbar. |
Wir fordern, dass jene, die Werke verbreiten, verpflichtet werden, gegenüber den Konsument:innen die Verwendung von KI bei der Herstellung kultureller Produkte zu deklarieren. |
Die beste Art, menschliche Übersetzung deutlich zu machen ist, die Namen der Übersetzerin, des Übersetzers zu nennen – auf dem Cover, bei Veranstaltungen und Artikeln. |
Wir fordern, dass keine öffentliche Unterstützung für Werke vergeben wird, die ganz oder teilweise durch KI entwickelt wurden. |
Diese Forderung möchten wir hier konkretisieren.
Wir fordern, dass der Ad*S diese Haltung vis-à-vis Pro Helvetia vertritt. Das Prinzip, Pro Helvetia fördert Menschen, nicht Tech-Konzerne und ihre Tools, muss in der nächsten Kulturbotschaft (2028) explizit verankert werden. |
Bedient Euch an unserm Material, bringt es in Umlauf, unterschreibt das Manifest! |